Der Verkehrssektor versagt seit Jahrzehnten bei der Reduktion der Treibhausgase. Er hat zudem wesentlichen Anteil an der immer weiter fortschreitenden Flächenversiegelung und ist daher auch entscheidend für die Anpassung an klimabedingt zunehmende extreme Hitze und Niederschläge.
Die bisherigen Maßnahmen in Richtung einer echten Verkehrswende, die dieser Realität Rechnung trägt, gehen – auch in Münster – längst nicht weit genug. Die in der Kommunalpolitik und Kommunalverwaltungen fachlich damit befassten Personen sind sich in der Regel des Problems bewusst und würden gerne mehr verändern. Allzu häufig werden sie von den engen Grenzen des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung (StVG und StVO) an sinnvollen Maßnahmen gehindert.
Warum gerade jetzt?
Mit der im Oktober 2023 vom Bundestag beschlossenen Novelle des StVG und der anstehenden Novelle der StVO wird sich der Handlungsspielraum erweitern:
1. Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheitsschutz sowie eine geordnete städtebauliche Entwicklung werden nun zu Zielen, die mit verkehrsrechtlichen Anordnungen verfolgt werden können
2. Präventive Maßnahmen für die Verkehrssicherheit werden ermöglicht, es muss nicht erst Unfallhäufungen geben.
Wie weitreichend auf dieser neuen Grundlage gehandelt werden kann, wird die neue Rechtsprechung dazu zeigen. Wichtig ist jedoch, dass nicht jahrelang abgewartet, sondern visionär vorangegangen wird. Wer wie die Stadt Münster eine Vorreiterrolle für nachhaltige Mobilität einnehmen will, sollte die neuen Möglichkeiten ausnutzen und den Fortschritt auch in die Verwaltungsgerichte tragen. Denn dass diese beim Ziel der Leichtigkeit des Verkehrs bis heute unter „Verkehr“ praktisch nur „Kraftverkehr“ verstehen, passt einfach nicht ins 21. Jahrhundert und schon gar nicht in eine Stadt mit so viel Radverkehr wie Münster.
Hier voranzugehen fordert im Übrigen das Bundesverfassungsgericht von Kommunen: Solange die verfassungsrechtlichen Vorgaben, die das Klimaschutzgesetz aufzeigt, noch nicht durch den Gesetzesgeber adäquat umgesetzt sind, ist eine Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe zur Erreichung eines verfassungskonformen Verwaltungshandelns ausdrücklich zulässig.1
Es ist höchste Zeit, endlich die gesteckten Ziele Klimaneutralität bis 2030, Vision Zero und Fahrradstadt mit Maßnahmen zu verfolgen, die diesen Ansprüchen auch gerecht werden. Mit dem untenstehenden Maßnahmenpapier möchte das Verkehrswendebündnis Münster aufzeigen, was für eine zukunftsfähige Mobilität in Münster notwendig ist. Das Verkehrswendebündnis ermutigt den Stadtrat und die Verwaltung, entschlossen die Verkehrswende in Gang zu bringen und die Reibungen auszuhalten, die unweigerlich entstehen, wenn mit 70 Jahren Privilegierung des Autoverkehrs gebrochen wird. Wo mutig vorangegangen wird, verwandeln sich die Reibungen in wenigen Jahren in hohe Akzeptanz, wie Beispiele im Kleinen oder aus anderen Ländern zeigen.
Greenpeace Münster ist Teil des Verkehrswendebündnisses Münster, bestehend aus – derzeit – 11 Initiativen. Das sind neben Greenpeace Münster auch ADFC Münsterland, BUNDjugend Münster, BUND Münster, Bündnis 24 h Promenade Münster, Fridays for Future Münster, Fuss e. V. Münster, IG fahrradstadt ms, Kidical Mass Münster, Klimaentscheid Münster, VCD Münster.
Weitergehende Informationen: https://www.verkehrswende-ms.de/
1 Vgl. Baumeister/Gading (2021): Anforderungen an das Verkehrsrecht durch das Bundesverfassungsgericht. Erreichung der Klimaschutzziele auf kommunaler Ebene – eine erste Analyse. S. 15f.