10 Personen in weißen Schutzanzügen transportierten am Samstag, den 30.3. große Atommüllfässer durch Münster. Und zwar im Bus! Auf das ein oder andere verwunderte bis erschrockene Gesicht traf die Greenpeace Jugend Gruppe, die mit dieser Aktion auf die Problematik der deutschen Atompolitik aufmerksam zu machen.
Entgegen der allgemeinen Annahme, dass doch in Deutschland jetzt alles geregelt sei („Wir steigen doch aus der Atomkraft aus“) und sich dieses Problem demnach erledigt hätte, gibt es leider weiterhin viele Schlupflöcher und Probleme, die nicht breit im Diskurs stehen. Um dieses hochgradig gefährlich und wichtige Thema in den öffentlichen Raum zu tragen, überlegten wir uns zuerst in den Stadtbussen umher zu fahren und uns später für eine Mahnwache in der Innenstadt zu treffen.
So teilten wir uns in vier Gruppen auf, die jeweils mit einem Atomfass eine andere Linie fuhren und die Mitmenschen dort durch Plakate auf den Fässern um unser Anliegen zu informieren. So verbreiteten wir durch eine lustige Aktion dieses doch sehr ernste Thema.
Abgesehen von ein paar BusfahrerInnen, die uns aufgrund des sperrigen Gepäcks nicht mitfahren ließen, sorgten wir für große Augen und Unterhaltung. Unterhaltung braucht es, denn diese Themen sollten viel mehr diskutiert werden.
Wem, der in der 1 nach Roxel sitzt, ist schon bewusst, dass sich im nur 50km entfernten Ahaus ein Atommüllzwischenlager befindet, in dem leicht- bis hochradioaktive Stoffe lagern. Regelmäßig gibt es Transporte von anderen Zwischenlagern nach Ahaus, auch von hochradioaktivem, waffenfähigem Uran. Die Lagerung von hochradioaktivem Atommüll ist bis zum Jahr 2036 genehmigt. Die Bürger aus Ahaus befürchten ein Endlos-Zwischenlager.
Auch dass es in Deutschland kein sicheres Endlager für den Atommüllberg gibt, der weiter und weiter wächst, ist ein großes Problem. Atommüllexporte in die USA oder nach Russland lösen dieses Problem auch nicht, sondern verlagern es nur.
Woher sollen die Schüler in der … Richtung Kinderhaus wissen, dass es in Gronau (auch eine Autostunde entfernt) eine Urananreicherungsanlage gibt, die jedes Jahr 4.500 Tonnen angereichertes Uran produziert. Das deckt 10% des weltweiten Bedarfs. Eine Laufzeitbegrenzung gibt es nicht- nach aktuellen Plänen kann diese Anlage also unbegrenzt lange weiterhin marode Atomkraftwerke auf der ganzen Welt mit Uran beliefern. Eine vom Umweltministerium empfohlene Schließung der Anlage wird bislang von der Bundesregierung verweigert.
Weiter geht es in Lingen. Dort befindet sich eine Brennelementefabrik, die jährlich genug Brennstäbe für 35 Atomkraftwerke produziert. Bis zu 800 Tonnen Uran im Jahr werden in der Anlage verarbeitet und zum großen Teil exportiert. Die sogenannten Bröckel-Reaktoren Tihange und Doel an der deutsch-belgischen Grenze bekommen Brennelemente unter anderem aus Lingen geliefert. Beide dieser Reaktoren fielen in den vergangenen Jahren wiederholt durch Risse und weitere Mängel auf und wurden mehrmals vorsorglich heruntergefahren. Vor Ort wurden Jod Tabletten an die Bevölkerung verteilt. Im Falle eines Atomunfalls wäre das dicht besiedelte Ruhrgebiet, Belgien und die Niederlande betroffen.
Alle hier genannten Fälle sind vom Atomausstieg ausgeklammert. Die Fabriken haben unbegrenzte Betriebsgenehmigungen. Das heißt Atomausstieg ist nicht gleich Atomausstieg. Eine Politik, die weiterhin zulässt, dass Uran an unsichere Atomkraftwerke in Nachbarländer geliefert wird, tausende Tonnen Atommüll produziert, für die es keine sicheren Endlagerstätten gibt, ist nicht hinnehmbar. Wir fordern einen wirklichen Atomausstieg.